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Luisenhöhe

Luisenhöhe – Aussichtspunkt zwischen Wipfeld/Schwanfeld und Ortsteil Theilheim in 97534 Waigolshausen

 

Bezug nehmend auf eine Notiz in der „Würzburger Chronik, Bd. III“ erfand ein wohl romantisch veranlagter Heimatkundler die Mär von Maria Luise, einer Tochter Kaiser Franz I. von Österreich und 2. Gemahlin Napoleons.  Auf ihrem Weg von Wipfeld nach Werneck am 11. Juli 1812 mit ihrem Onkel Erzherzog Ferdinand III., der damals auch Großherzog von Würzburg war, soll sie auf der Luisenhöhe „entzückt von dem Panorama zu ihren Füßen“ den Wunsch geäußert haben , diesem Ort ihren Namen zu geben. Solches war jedenfalls früher in Wikipedia nachzulesen.

Bei einem Besuch im Archiv der Stadt Würzburg am 30. August 2021, zusammen mit dem Wipfelder Altbürgermeister Peter Zeißner, stellte sich heraus, dass im Band III auf Seite 156 der Würzburger Chronik für das Jahr 1812 im Juli neben Aktivitäten der Kaiserin in Würzburg nur erwähnt wird: „Am 11. war eine Fahrt nach Werneck über Wipfeld.“

Da es sich dabei um eine „Fahrt“, also mit Pferdekutsche und nicht um eine Reise „hoch zu Ross“, gehandelt hat, und zu jener Zeit weder die Wipfelder Weinberge noch die landwirtschaftlichen Flächen in Theilheim Betonstraßen, sondern nur holprige Feldwege aufwiesen, kann nicht einmal mit Sicherheit angenommen werden, dass die „Fahrt“ überhaupt über die Luisenhöhe führte. Der Weg am Main entlang über Dächheim, Theilheim, Waigolshausen oder über Garstadt, Hergolshausen, Waigolshausen wäre sicher der angenehmere gewesen.

Bedenkt man ferner, dass die gerade mal 20jährige Österreicherin

– die berauschende Schönheit der Tiroler Bergwelt kannte,

– als Gemahlin Napoleons gerade an der Aushebung neuer Truppen für den Rußlandfeldzug des in Deutschland verhassten Korsen beteiligt war und

– offiziell ihre Vornamen Maria Ludovica Franziska Therese Josepha Lucia waren, sie sich aber später nach ihrer Großmutter, der spanischen Infantin, Maria-Luisa und nicht etwa Luise nannte,

so wird klar, dass sie für eine Namensgebung dieses Aussichtspunktes kaum in Frage kommen kann.

Der Blick richtet sich deshalb auf eine andere berühmte Luise jener Zeit, die dem Autor von gebürtigen Theilheimern der Jahrgänge 1877, 1882 und 1890 immer wieder als Namensgeberin benannt wurde, auf die Königin Luise von Preußen.

Luise, als Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz im Jahre 1876 in Hannover geboren, wurde nach dem frühen Tod ihrer Mutter ab dem 6. Lebensjahr von ihrer Großmutter, der Landgräfin von Hessen in Darmstadt aufgezogen. Sie war, wie berichtet wird „schön und anmutig“.

Bei den Krönungsfeierlichkeiten von Kaiser Franz II., dem letzten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, im Jahre 1792 in Frankfurt eröffnete Prinzessin Luise den Festball gemeinsam mit dem jungen Reichsgrafen Klemens von Metternich, dem später berühmten Staatsmann Fürst von Metternich.

Im Jahre 1793 wurde sie mit Kronprinz Friedrich Wilhelm, dem späteren preußischen König Friedrich Wilhelm III., vermählt. Als junge Königin verhandelte sie nach der totalen Niederlage Preußens im Jahre 1807 persönlich mit Napoleon in Tilsit.

Bereits zu ihren Lebzeiten genoss sie eine geradezu kultische Verehrung und blieb als Königin von Preußen nach ihrem frühen Tod(+1810) eine legendäre Berühmtheit.

Huldigungsreisen des neuen Königspaares führten Luise nach dem Tod von Friedrich Wilhelm II. von Mai bis Juli 1799 auch nach Franken. Diese Luise mit verwandtschaftlichen Verbindungen ins Rhein-Maingebiet und – wie aus ihren Briefen hervorgeht – mit einer romantischen Sensibilität für die Schönheiten der Landschaft konnte, schon wegen ihres großen Ansehens und ihrer Berühmtheit, ihren Namen L u i s e leicht verewigen in einer Landschaft Frankens, in der weder ein österreichischer Erzherzog noch eine Kaiserin der Franzosen irgendwelche Spuren hinterlassen haben.

W. Bätz, ein gebürtiger Theilheimer